Digitalisierung von zollrelevanten Daten 

Die aktuelle Situation im Bereich der Versandvorbereitung der Sendungen in Drittländer ist stark von traditionellen, papierbasierten Prozessen geprägt. Diese Abläufe haben sich in den letzten 20 Jahren kaum verändert und sind nach wie vor aufwendig und fehleranfällig. Dokumente werden gedruckt, manuell zugeordnet und an Sendungen befestigt, was zu Verlusten von Versandpapieren, teurer Nachbearbeitung und verlängerten Laufzeiten führt. 

Um diese ineffizienten Prozesse zu modernisieren, hat die EU im Jahr 2023 den Durchführungsbeschluss 2879 verabschiedet. Dieser Beschluss zielt darauf ab, die Effizienz und Modernisierung der Zollverfahren durch die Entwicklung und Einführung elektronischer Systeme zu unterstützen. Der Austausch von Informationen zwischen den Zollbehörden sowie zwischen den Wirtschaftsbeteiligten und den Zollbehörden soll künftig elektronisch erfolgen. 

Diese Maßnahme ergänzt bereits bestehende elektronische Systeme wie die elektronische Einfuhranmeldung, das elektronische Ursprungszeugnis und die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen. 

Unternehmen, die im Zollbereich tätig sind oder mit Zollverfahren zu tun haben, müssen sich auf die Umstellung auf elektronische Systeme vorbereiten. Diese Umstellung wird sich auf ihre Geschäftsprozesse und IT-Systeme auswirken. Die Frist für die Umsetzung der Strukturen auf Länderebene ist der Juni 2025. Für Versender und Importeure wird die Umstellung zwar erst sukzessiv in den Folgejahren verbindlich, doch die ersten Frachtführer, insbesondere Expressdienstleister, wollen die neuen Systeme schnellstmöglich einführen, um ihre Abläufe zu optimieren und effizienter zu gestalten. 

Der papierlose Handel, auch bekannt als “Paperless Trade” oder “Electronic Trade Document”, ermöglicht die elektronische Übermittlung von Zolldokumenten als digitales Image. Das Ausdrucken und Anbringen der Dokumente auf dem Paket entfällt, da die Dokumente in einem digitalen Format, beispielsweise als PDF, online über eine Schnittstelle an die Frachtführer übertragen werden. 

Folgende Dokumente können elektronisch übermittelt werden: 

  • Handelsrechnungen: Digitale Rechnungen mit Details zu den gehandelten Waren, Preisen, Steuern und Zahlungsbedingungen. 
  • Zollanmeldungen: Elektronische Zollanmeldungen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr, einschließlich Ausfuhrbegleitdokumenten und ggf. Ausfuhrgenehmigungen (MRN). 
  • Zertifikate und Lizenzen: Elektronische Versionen von Zertifikaten, die die Qualität, Herkunft oder andere Aspekte der gehandelten Waren bestätigen. 
  • Ursprungszeugnisse: Elektronische Dokumente, die den Ursprung der Waren bestätigen und für die Einhaltung von Handelsabkommen relevant sind. 
  • Versicherungsdokumente: Digitale Versicherungszertifikate, die den Versicherungsschutz für den Warentransport nachweisen. 
  • Zahlungsanweisungen: Digitale Dokumente mit Informationen zur Zahlung von Warenlieferungen. 
  • Transportdokumente: Elektronische Versionen von Transportdokumenten wie Ladelisten, Packlisten und anderen logistischen Unterlagen. 
  • Frachtbriefe (B/L): Elektronische Versionen von Frachtbriefen, die den Transport von Waren zwischen Absender und Empfänger bestätigen. 

Der Verzicht auf die manuelle Bearbeitung von Papier führt zu Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen innerhalb der gesamten Lieferkette. Die EU rechnet mit einer Reduktion der finanziellen Belastungen um 25%. Allein in Deutschland erwartet man auf institutioneller Ebene Einsparungen in Höhe von 2 Milliarden Euro pro Jahr. 

Natürlich steigt auch die Sicherheit: Papiere können sich nicht von Paketen lösen und sind immer im Zugriff, was insbesondere bei Mehrpaketsendungen ein häufiges Problem darstellt. Besonders bei eiligen und wichtigen Paketen, bei denen der Verlust von Dokumenten am wenigsten gebraucht werden kann, ist dies von Vorteil. Der Verzicht auf Ausdrucke spart zudem tonnenweise Papier und Plastik, was einen erheblichen Beitrag zum Umweltschutz darstellt. 

Durch die Automatisierung der Prozesse werden auch Fehlerquellen minimiert. Die kostspielige Nachbearbeitung und Verzögerungen werden vermieden. Zudem beschleunigt die Digitalisierung die Abfertigungsprozesse beim Zoll. 

Es gibt jedoch auch Ausnahmen: Je nach Carrier und Land gelten Wertobergrenzen für den papierlosen Handel. Sollte ein Bestimmungsland eine papierlose Zollabfertigung nicht akzeptieren, wird die Sendung als “Electronic with Originals” (EWO) gekennzeichnet. In diesem Fall können die Zolldokumente direkt elektronisch hochgeladen werden, damit sie frühzeitig von einem Zollagenten geprüft werden. Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, müssen die Ausdrucke der Zolldokumente jedoch weiterhin an die Sendung angehängt werden. 

Darüber hinaus wird es weiterhin Dokumente geben, die im Original beigefügt werden müssen, wie Pflanzengesundheitszeugnisse, Warenverkehrsbescheinigungen oder Gefahrgutunterlagen. 

Die Übertragung der Dokumente als Image lässt leider keine vollständige Automatisierung der Prozesse bei der Zollabfertigung zu. Um dies zu erreichen, müssen die Rechnungsinformationen maschinenlesbar übertragen werden. Dies wird als digitale Zollrechnung bezeichnet, bei den Frachtführern auch als “paperless invoice” oder “Commercial invoice Data” bekannt. Dabei werden alle Daten, die auf der Rechnung stehen müssen, über eine Schnittstelle an die Frachtführer übertragen. 

Im Einzelnen handelt es sich um die Daten aus dem Rechnungskopf sowie die Rechnungspositionen auf Artikelebene: 

  • Rechnungskopf: 
  • Incoterm (Lieferbedingung) 
  • Rechnungsdatum 
  • Rechnungsnummer 
  • Bestimmungsort / Ort der Lieferbedingung 
  • Grund der Ausfuhr 
  • MRN (falls verfügbar) 
  • Adresse und Kontaktdaten des Versenders, Empfängers und des verantwortlichen Einführers 
  • Rechnungspositionen pro Artikel: 
  • Positionsnummer 
  • Warentarifnummer/HS Codes 
  • Warenbeschreibung (EN) 
  • Anzahl der Artikel / Mengeneinheit 
  • Preis pro Artikel 
  • Gewicht (netto/brutto) 
  • Herstellungsland 

Bei UPS kann bei Nutzung der digitalen Rechnung auf die Übermittlung der Zollrechnung u.U. verzichtet werden, da UPS anhand der übermittelten Zolldaten bei Bedarf selbst eine Zollrechnung erstellen kann. Es ist wichtig, sich mit dem Frachtführer abzustimmen und die Möglichkeiten im Detail zu klären. 

Beide Verfahren sind an sich kostenlos. Allerdings wird bei den ersten Frachtführern ein Zuschlag für die Beibehaltung der Papierrechnung in Rechnung gestellt. Bei fehlender Umsetzung kommen also zusätzliche Kosten auf die Versender zu. Die Digitalisierung führt jedoch bereits jetzt zu Kosteneinsparungen durch den Entfall der neuen Zuschläge und die Reduktion der Prozesskosten, da der Ausdruck der Dokumente, die Zuordnung, Anbringung sowie alle aus Fehlern resultierenden Folgekosten entfallen. 

Um die Dienste zu nutzen, ist eine Anmeldung beim Frachtführer notwendig. Hierbei erhält man Zugangsdaten für die Datenübertragung. Jeder Frachtführer hat seine eigenen Modalitäten, und auch die Schnittstelle und das Datenformat sind frachtführerspezifisch. Daher ist es empfehlenswert, sich eng mit dem Frachtführer abzustimmen. 

Die Funktionalitäten sind in der Regel bereits in den Frachtführerportalen inkludiert, sodass zusätzliche Anpassungen nicht notwendig sind. Die Erfassung funktioniert weitgehend manuell, was einen zeitlichen Aufwand darstellt. Darüber hinaus muss jeder Mitarbeiter im Umgang mit dem Tool geschult werden. Bei Nutzung mehrerer Frachtführerportale steigt der zeitliche Aufwand überdurchschnittlich, und Fehler sind bei dieser Arbeitsweise unvermeidbar. 

Optional kann man auch Schnittstellen im Vorsystem einrichten. Diese Schnittstellen sind frachtführerspezifisch, und jeder Frachtführer hat eigene, spezifische Anforderungen an die Schnittstelle, Formate und die Übertragung der Daten. Dies bedeutet einen erheblichen Aufwand für die IT-Abteilung. Der Wechsel des Frachtführers bedeutet also einen hohen Abstimmungs- und Programmieraufwand, sowohl bei der eigenen IT als auch beim Anbieter des ERP/WMS-Systems. Man verliert damit die Flexibilität und muss bei einem Wechsel teilweise hohe Umstellungskosten hinnehmen.

Im Idealfall übernimmt die Übertragung der Dokumente und der Informationen ein Versandsystem. Über eine Schnittstelle erhält das Versandsystem vom führenden System (ERP/WMS etc.) alle für den Versand notwendigen Informationen und bereitet diese für die Frachtdienstleister entsprechend auf. Dabei druckt es an den Packplätzen teil- oder vollautomatisch die Versandlabel. Damit werden alle Versandprozesse in einem Versandsystem gebündelt und automatisiert. Dies beschleunigt die Abwicklung, vermeidet Fehler und reduziert somit drastisch die Prozesskosten im Unternehmen.